Mittwoch, 30. November 2016

Catlins statt Kepler

Nachdem wir die stürmische Rückfahrt vom Milford Sound bewältigt haben, steht eigentlich eine drei-tägige Bergwanderung über den Kepler Track auf dem Reiseplan ... der einzige der Great Walks, den wir gerne komplett machen wollen. Problem: es regnet und stürmt noch immer. Und schon auf 200m ist es nur noch 5 Grad kalt, die Schneefallgrenze liegt mittlerweile bei 600m. Zwei Damen aus Te Anau kommentieren das im Café nur mit "Der Schnee da oben gehört um diese Jahreszeit dort gar nicht hin!". Wir erkundigen uns im DOC-Büro nach den Konditionen des Weges und werden von einem durchtrainierten Outdoor-Kiwi mit langen Haaren beraten mit: "Well ... it depends on what kind of experience you are looking for!". Soll wohl heißen, dass das nichts für Weicheier ist. Am nächsten Morgen stellen wir uns den Wecker zwar noch auf 6 Uhr ... die Hoffnung stirbt zuletzt ... aber schon beim Aufwachen trommelt der Regen auf's Dach. Der Wetterbericht sagt immer noch für alle drei Tage unserer Wanderung 7-8 Beaufort und -7 Grad auf 1000m voraus und wir wollten auf 1300m ... für eine Antarktis-Expedition sind wir nicht ausgerüstet. Schweren Herzens geben wir den Plan auf ... immerhin bleibt so etwas mehr Zeit für den Südosten der Südinsel bis wir in Christchurch sein müssen.

Für diesen Regen-Sturm-Tag brechen wir also auf in die Catlins ...

Die Südspitze Neuseelands ist eine raue Gegend, aber toll. Hügel, immer wieder unterbrochen von versteckten Stränden, Lagunen, Feuchtgebieten und Kliffs. Ein wildes Meer ... wir sind hier in den Roaring Forties. Lange war hier praktisch niemand. Nach den ersten, wenigen mutigen Maoris und Siedlern kamen die Robbenjäger. Als alle Robben erschlagen waren die Walfänger. Dann blieb noch der Wald zum Abholzen und Geschäfte machen ... viele raue Gesellen hat es vor 150 Jahren in diesen Winkel der Erde verschlagen.



Unsere Lieblingstelle ist die Curio Bay, dort findet man am Strand versteinertes Holz ... das finden wir ziemlich cool. Zusätzlich donnert die Sturm-Brandung auf den Fels-Strand ...









XXX

Dienstag, 29. November 2016

Sturm im Milford Sound

Das Fjordland im Südwesen der Südinsel ist für zwei Dinge bekannt. Seine wunderbare Landschaft mit hohen Bergen, die oft senkrecht zu den Dutzenden von Fjorden abfallen. Und zweitens dafür eins der regenreichsten Gebiete Neuseelands zu sein. Der Tourist wird bereits vorbereitet, dass die Fjorde bei Regen mindestens so schön wären wie bei Sonnenschein ... schließlich würden dann hunderte von Wasserfällen die steilen Hänge herabtosen.

Wir sind also nicht verwundert als wir am berühmtesten dieser Fjorde - dem Milford Sound - ankommen und es in Strömen regnet. Die gebuchte Schiffsrundfahrt fällt aus, es regnet so stark, dass wir nichts gesehen hätten. Macht nichts, wir sind flexibel und bleiben eine Nacht. Kann ja nur besser werden.




Kaum haben wir auf dem Campingplatz unser Lager aufgeschlagen, wird aus dem strömenden Regen ein handfester Sturm, sicherlich 7-8 Windstärken und peitschender Regen. Wir stehen in einem kleinen Wald, links neben uns eine 1000m hohe senkrechte Felswand, von der die Wasserfälle herunterstürzen. Rechts ein reißender Gebirgsbach, der das ganze Wasser in der Fjord befördert, was gerade vom Himmel stürzt. Der Camper wird so stark geschüttelt, dass wir uns zwischendurch fragen, ob wir wieder Erdbeben haben. Als wir uns überlegen, ob das hier wirklich ein optimaler Übernachtungsplatz ist, wird uns bewusst, dass wir vorhin 120 km durch's Gebirge ans Ende der Welt gefahren sind. Kein Mobilfunkempfang. Internet nur über Satellit, also nicht für uns. Strom wird aus einem der Wasserfälle selbst produziert. Irgendwie typisch Neuseeland ... der entfernteste Zipfel wird für Touristen zugänglich gemacht ... muss schließlich jeder selber wissen, ob er vor der Abfahrt in den Wetterbericht schaut und das Risiko eingeht, am schönsten Fjord der Welt eingeschlossen zu werden, weil die Bergstraße im Sturm oder Schnee nicht mehr passierbar ist.




Zurück fahren ist jetzt keine Option mehr, also testen wir erstmalig den DVD-Player und machen es uns gemütlich ... seekrank werden wir ja beide nicht. Geschlafen haben wir allerdings schonmal besser in diesem Urlaub ... allerdings auch schon mal schlechter. ;-)




Am nächsten Morgen stürmt und regnet es immer noch, unser Schiff fährt schon wieder nicht. Aber wir dürfen an Bord eines größeren gehen und in See stechen. Das hat große Glasfenster zur Seite und nach oben ... die scheinen tatsächlich auf Sch...wetter eingestellt zu sein hier ... man sieht alles aus dem Warmen und Trockenen.

Nun habt ihr die Wahl: der Milford Sound ist vermutlich der meistfotographierte Ort Neuseelands. Wenn ihr ihn bei Sonnenschein sehen wollt, dann einfach nach 'Milford Sound' googeln. Oder ihr schaut die folgenden Regenbilder an. Oder beides, dann könnt ihr entscheiden, ob Euch den Milford bei Sonne ohne Wasserfälle oder bei Regen mit Wasserfällen besser gefällt ... beeindruckende Landschaft ist es auf jeden Fall.




Ab 800m liegt Schnee ...


Die Fjordlandpinguine am Ufer schien das Wetter nicht im geringsten zu stören, wir nehmen uns ein Beispiel daran. 


Zum Abschluss noch der Mitre Peak ... Bischofsmütze ... man kann ihn fast schon erkennen. 




Sonntag, 27. November 2016

Nachtrag von der Nordinsel: Höhlenforschung im Karstgebiet von Waitomo

Zur Abenteuer-Stadt Queenstown  passt ein Bericht, den wir Euch bisher vorenthalten haben. Unser aufregendstes Abenteuer auf der Nordinsel! Es hat ein paar Tage gedauert bis wir die Fotos organisiert haben ... und die wollt ihr mit Sicherheit nicht missen!
Bitte nicht wundern, die Fotos haben wir nicht selber gemacht und die Fotobedingungen waren diffizil. Einige Bilder sind unscharf ... einen guten Eindruck von den Geschehnissen geben sie trotzdem. Und mit dieser Einleitung geht es auch schon los in die Höhlen von Waitomo:

Das Gebiet rund um Waitomo ist ein großes Karstgebiet und deshalb durchzogen mit über 50km unterirdischen Höhlen. Hier kann man besonders gut die neuseeländischen Glowworms beobachten. Wir haben uns für einen Besuch der Ruakuri Cave entschieden. Problem: Sie ist eng und verwinkelt und fast überall von Wasser durchflossen. Um sie zu sehen, muss man sich einer professionellen Höhlenexpedition anschließen! Das hört sich nach einem Abenteuer an, finden wir!

Das Abenteuer fängt bei Katrin bereits in der Umkleidekabine an. Der ausgehändigte Eiswasser-Neonpren-Anzug kommt ihr 2 Nummern zu klein vor. Nur mit Hilfe ihrer Mitforscherinnen kann sie sich mühsam hineinzwängen. Hhm ... vorteilhaft sieht das nun vermutlich nicht aus. Zumal sie sich überreden ließ, unter dem Neonpren noch ein dickes und viel zu großes Sweatshirt anzuziehen, welches nun zu den ohnehin vorhandenen Ringen weitere hinzu fügt. Zum Glück gibt es keine Spiegel! Egal ... los geht's ... auf ins Abenteuer! Unsere Expeditionsgruppe ist bereit, warm gekleidet, mit Helmen und Stirnlampen ausgestattet.


Da Teile der Höhle durchschwommen werden müssen, werden wir zusätzlich mit Schwimmringem ausgestattet. Die erforderlichen Techniken, wie rückwärts im Reifen sitzend einen 2m Wasserfall runterspringen oder Kette bilden, um sich nicht zu verlieren, trainieren wir sicherheitshalber an der Erdoberfläche.



Dann steigen wir ab in die Tiefen der Ruakuri-Höhle und beginnen unsere Expedition.


Die erste Aufgabe besteht darin, zwischen Stalaktiten und Stalagmiten hindurch einen Gang zu durchklettern in das Innere der Höhle. Dann das erste Wasser, erst bis zum Knöchel, dann bis zum Knie. Als es zu tief zum Waten wird, legen wir uns bäuchlings auf unsere mitgebrachten Schwimmhilfen, der Sog des Wassers zieht uns vorwärts ... immer tiefer in die Höhle hinein. Vorsicht ... nicht zu schnell werden, dort vorne ist ein Wasserfall ... Alle Expeditionsteilnehmer können sich rechtzeitig an den Felsen festhalten. Dann geht es rückwärts im erlernten "Popo-in-den-Reifen-geklemmt-Sprung" den zwei Meter hoher Wasserfall hinunter. 


Wir sind in einem großen unterirdischen Fluss gelandet, der gemächlich seine unterirdischen Bahnen zieht. Wir bilden eine schwimmende Kette, damit keiner versehentlich in der Dunkelheit in einen der vielen Nebengänge auf Nimmerwiedersehen verschwindet. 


Wir schalten unsere Stirnlampen aus, denn zum ersten Mal ist über uns das Ziel unserer Expedition zu sehen. Glowworms!!! Ihr zartblaues Licht funkelt über uns. 

Dann gilt es, die herausforderndste Passage der Höhle zu bewältigen. Wir müssen uns durch eine gerade mannsgrosse Spalte zwängen, durch die das Wasser mit großer Kraft rauscht. 



Wir  gelangen so in eine riesige Halle. Wir schalten unsere Lampen ab. Die Höhle ist in ein zartes blaues Licht getaucht ... die Decke ist voll mit Glowworms.  Bezaubernd! Seht ihr sie oben im Bild?


Aber wer oder was sind diese leuchtenden Wesen?
Die weiblichen Larven einer einheimischen Mückenart spinnt bis zu 15 cm lange, klebrige Fäden. Um ihre Fressopfer anzuziehen leuchtet sie blau-grün in der Dunkelheit. Angelockte Insekten  verfangen sich in den Fäden und werden verspeisst. Wenn Abertausende von Glowworms dies gleichzeitig tun wie in unserer Ruakeri-Höhle, dann ist dies ein atemberaubend schöner Anblick, für den es sich lohnt zum Höhlenforscher zu werden. 


Begeisterung hin oder her ... irgendwann wird es Dich mächtig kalt im Eiswasser und ich denke, wir waren nicht die einzigen Expeditionsteilnehmer, die sich bei diesem Anblick von Sonnenlicht gefreut haben ...


:-)))


Samstag, 26. November 2016

En passant: Der Lake District und die königinnenliche Fun-Metropole

Wir verlassen die West Coast. Unser nächstes Ziel ist das Fjordland, UNESCO Weltnaturerbe.
Wir fahren durch den Lake District, die Landschaft ändert sich schlagartig, nachdem wir den Haastpass überquert haben. Tschüss Regenwald, willkommen deutlich trockene Gras-Hochebenen, große Seen und endlich auch wieder Schafe.




In dieser Gegend könnte man alleine problemlos drei Wochen Urlaub machen ... wir huschen in 2 Tagen durch. Schöne Lookouts und Spots nehmen wir mit ... aber wir ignorieren, warum die allermeisten Touristen nach Queenstown, Wanaka und Umgebung kommen. Diese Berggegend ist Weltmarkführer im Adrenalin-Tourismus. Alles was man sich vorstellen kann, kann man hier erleben ... wenn man denn möchte. Bungee-Jumping, Heli-Rafting, Sky-Diving, Sledging ... teilweise müssen wir googelt, um zu verstehen, was sich hinter den angepriesenen Abenteuern verbirgt. Jedem Tierchen sein Pläsierchen ... Heiraten gehört übrigens auch in die Kategorie der ortsüblichen Abenteuer ...



Ewiges Eis im Regenwald

Von der Einsamkeit Okaritos kommen wir wieder zu einem der Must-Dos an der West Coast: Der Besuch der unmittelbar benachbart gelegenen Franz-Josef- und Fox-Glacier. Wir sind an den Rummel, die vielen Reisebusse und Menschen gar nicht mehr gewöhnt. Würde jetzt irgendwoher DJ Ötzi erklingen ... wir wären sicher, dass wir uns über Nacht in die Alpen geträumt hätten. Nur der neuseeländische Regenwald hilft bei der Ortsbestimmung. Eine weiteren Beitrag zu unserer Desorientierung liefert das Wetter. Immerhin regnet es nicht, was durchaus üblich wäre an der West Coast. Aber es ist total bewölkt ... nichts zu sehen, von dem von den Reiseführern angekündigten Alpenpanoramen, Blick auf Gletscher und vor allem Blick auf den Mount Cook, den mit 3724m höchstem Berg Neuseelands ...

Was tun? Wir beschließen, uns so schnell nicht unterkriegen zu lassen und investieren in einen 30-minütigen Helicopter-Flug ... typisch Neuseeland. Der Hubschrauber mogelt sich einfach zwischen den Wolken durch und ermöglicht uns eine atemberaubende Aussichten ...





Hier ist er ... der Mount Cook alias Aoraki, wie die Maori ihn nennen:





Natürlich erlaufen wir nach dem tollen Flug die beiden Gletchertore noch zu Fuß, aber die Bilder können nicht wirklich mithalten. Außer dem Eindruck, dass die Gletscher wirklich bis hinunter reichen in den Regenwald, das ist schon wirklich besonders ...







Kiwi, Kiwi und Kiwi

Wie wohl für die meisten Mitteleuropäer waren für uns vor dieser Reise Kiwis Früchte und gehörten ins Müsli. Schnell mussten wir lernen, dass eine Kiwi eigentlich eine chinesische Stachelbeere ist und der Name Kiwi eine Marketing-Erfindung war, die ihr zu internationalem Durchbruch verholfen hat. Kreiert wurde der Name in Neuseeland ... klar. Nur woher kommt der Name Kiwi und wer heißt in NZ noch alles Kiwi?

Schon in Deutschland verriet uns das Studium der Reiseführer, dass die Neuseeländer sich selber als Kiwi bezeichnen. Konnten wir das anfangs gar nicht richtig glauben, so haben wir es jetzt aus dem Munde so vieler Neuseeländer gehört, dass wir es bestätigen können. Auf die Frage: 'Where are you from?' antwortet ein Neuseeländer immer 'I'm a Kiwi'. Haben sie also die Frucht nach sich selbst benannt ... warum nicht ...

Bleibt nun erstens die Frage zu klären, woher diese merkwürdige Selbstbezeichnung stammt ... und zweitens die Augabe, dem eigentlichen Sinn dieses Posts näher zu kommen.

Der dritte Kiwi-Namensträger - oder wohl besser gesagt, der Kiwi, der als erstes Kiwi hieß - ist ein flugunfähiger, nachtaktiver Vogel ... ungefähr so groß wie ein Huhn. Er ist das Nationaltier Neuseelands und vom Aussterben bedroht. Die Kiwis identifizieren sich mit ihrem Kiwi ... bis zum Namen. Für kein anderes Tier wird so viel Geld ausgegeben und Aufwand zur Erhaltung betrieben.

Hatte der Kiwi früher kaum natürliche Feinde, ist das heute leider anders. Die Europäer haben eine Reihe von Nutztieren mitgebracht und verwildert. Allen voran das Opossum ... zum Jagen wegen des schönen Fells, aber auch Marder, Ratten, Katzen und Hunde. Das Opossum fands ganz super in NZ, gab es hier keinen einzigen Feind außer dem Menschen, der aber bekanntlich in vielen Regionen sehr spärlich vertreten ist. Das Ende vom Lied ist eine gigantische Opossum-Pest ... zum Nachteil der Kiwi-Jungen, die heute in freier Wildbahn nur noch eine Überlebenschance von maximal 5% haben. Langer Rede kurzer Sinn, es sind kaum noch Kiwis da ... und die sind mächtig geschickt sich im Urwald zu verstecken. Tagsüber bewegen sie sich gar nicht und nachts meiden sie jede Form von Licht. Es ist also praktisch unmöglich einen Kiwi in freier Wildbahn anzutreffen. Und wenn einem dies gelingt, dann ist dies etwas ganz besonderes. Nun ahnt ihr vielleicht langsam, worauf dieser Post hinaus läuft ... richtig ... es ist der Bericht über unsere aufregende Kiwi-Night-Watch-Tour im Okarito-Naturschutzgebiet. :-)

Nachts ist's dunkel und natürlich darf man beim Kiwi-Beobachten nicht mit dem Foto-Apparat herumblitzen. Fotos gibt's also in diesem Post keine ... wie ich gerade merke scheinbar zum Ersatz etwas mehr Text ... ist die Seite doch schon voll und wir noch gar nicht losgegangen.

In Okarito gibt es die besonders seltene Art der Okarito-Kiwis. Anfang des neuen Jahrtausends lebten davon gerade noch 150 Stück. Es wurde ein Projekt zur Rettung dieses Kiwis aufgesetzt. 3 Pärchen (der Kiwi lebt monogam und wird ziemlich alt) wurden mit Sendern ausgestattet, um ihnen ihre Eier zu "klauen" und diese in einer nahegelegenen Aufzuchtstation des Department of Conservation auszubrüten. Die kleinen Kiwis werden aufgezogen und wieder in ihren Urwald entlassen, wenn sie groß genug sind, um sich gegen ihre Feinde zur Wehr zu setzen. Immerhin sind aus den 150 jetzt schon ca 400 Okarito-Kiwis geworden.

Wir treffen uns mit Ian, einem Mitarbeiter in diesem Projekt und Kiwi-Experte. Er lebt in Okarito, einem 30-Seelendorf. Ian begrüßt uns auf deutsch ... seine Freundin ist Deutsche, lebt in Münster und er war gerade 3 Monate dort und hat Deutsch gelernt ... das soll nicht einrosten. Die Welt ist klein! Ansonsten ist er Engländer und Ende der 90er als Backpacker in Okarito hängen geblieben. Das ist übrigens ein Standard-Phänomen, wir haben schon so viele Backpacker-Hängenbleiber getroffen ... aber wir sind ja Campervan-Driver, keine Sorge also ...

Neben uns sind 6 weitere Kiwi-Enthusiasten mit von der Party. Bevor es in den Urwald geht, kurze Theorie-Einführung. Ein Kiwi-Päarchen hat ein festes Revier von ca 2x2 km, dort Dutzende von Unterschlüpfen ... man weiß nie, wo sie sich befinden. Ian zeigt uns die handgefertigte Karte der Reviere seiner drei Päarchen. Mittendurch verläuft ein alter Golddigger-Trampelpfad ... sonst hätten wir sowieso keine Chance. Wir sollen uns die markanten Rufe des Kiwi-Weibchen und -Männchen genau einprägen, die er uns vorspielt. Taschenlampe und Mückenschutz-Hut einpacken, dann geht es los in der Dämmerung. Auf besagtem Weg stapfen wir erstmal 3 km in den Busch, je weiter wir kommen, desto stiller werden alle. Ruhe ist das A und O, haben wir eingeschärft bekommen. Immer wieder hält Ian seinen Peilsender hoch, er kann damit die Richtung eines sendenden Kiwis ermitteln und eine grobe Entfernung abschätzen. Keine genauen Koordinaten. Dann endlich signalisiert der Empfänger 'Kiwi im Anmarsch'. Es ist Whiteeye ... gerade aufgestanden, jetzt hat er Hunger und geht auf Tour. Wir verabreden kurze Signalzeichen mit den Rotlichtlampen und stellen uns im Abstand von 10m auf, jetzt heißt es Lauschen und Geduld haben. Da wir unmöglich ungehört durch den dichten Busch auf Whiteeye zugehen können, ist der Plan zu warten, bis er den Weg im Laufe des Abends überquert und dann genau dort zur Stelle sein, um ihn zu sehen.

Mittlerweile ist es dunkel, seinen Nebenposten kann man nur noch mit Mühe erkennen. Die Frage, ob  man sich erschrecken würde, wenn auch diese Schemen noch verschwänden und der Eindruck entstünde, man wäre ganz alleine im Süd-Neuseeland-Busch verflüchtigt sich schnell ... erstmal muss das Überleben gesichtert werden. Denn vollkommen bewegungslose menschliche Lauschposten sind ein gefundenes Fressen für Moskitos, die in großen Scharen anrücken. Zum Glück! gibt es diesen Hut mit dem Moskitonetz. Wir sollen vor allem auf Fußtritte von Whiteeye hören. Kiwis haben riesige und kräftige Füße und trampeln damit geräuschvoll durch den Wald ... crunch ... crunch ... crunch ... Wir hören in erster Linie Moskitos und gelegentlich das laute Morepork der neuseeländischen Eule. 10 Minuten ... 20 Minuten ... Ian hatte uns x-mal eingeschärft, dass einzig Geduld der Schlüssel zu unserer Kiwi-Sichtung sein würde. Dann plötzlich blinkt Ian's Rotlichtlampe das Signal möglichst geräuschlos in seine Richtung zu kommen. Wir stellen uns eng zusammen und können tatsächlich das angekündigte Kiwi-Gestapfe hören ... wie kann ein so kleiner Vogel nachts so einen Lärm machen. Sehen tut man nichts ... also natürlich jede Menge Busch bestehend aus Bäumen, Büschen, Gräsern, Mosen ... sehr undurchdringlich, aber kein Zipfel Kiwi. Dann ist das Gestapfe weg ... hhm ... Ian huscht mit seinem Peilsender über den Pfad, dann wieder das rote Kommt-schnell-aber-vor-allem-leise-hierher-Blinken ... das geht zweimal ... dreimal ... sechsmal so. Immer wieder können wir Whiteeye eindeutig hören, aber kein Stück sehen. Besonders witzig ... wir bekommen sogar seinen Toilettengang mit ... pfdddt ... eindeutiges Geräusch. Gar nicht so einfach, nicht lauthals loszulachen!

Dann bewegen sich plötzlich die Gräser vor uns ... immer stärker, Whiteeye ist im Begriff unseren Pfad zu überqueren. Bleibt im letzten Moment stehen, überlegt es sich anders und verschwindet wieder im Busch. Was für ein Krimi! Es geht also weiter mit der Hin- und Herschleicherei und Lauscherei.

Nach weiteren 20 Minuten wackelt dann das Gebüsch vor uns wieder, das Crunch-Crunch-Crunch wird lauter und lauter ... aufregend! ... klappt es diesmal? Ian schaltet seine Rotlichtlampe an, das Licht sieht der Kiwi nicht, uns gibt es die Chance im Dunkeln Dinge gut zu erkennen. Dann ist es endlich soweit, 1m rechts von uns tritt Whiteeye auf unseren Weg, schaut in unsere Richtung und eilt dann mit sechs, sieben großen Schritten in flottem Tempo über den Weg. Er will schnell wieder zurück in sein sicheres Dickicht. Im roten Schein von Ian's Lampe haben wir einen absoluten Logenplatz und gehören nun zu den wenigen Menschen auf dieser Erde, die einen Kiwi in freier Wildbahn beobachten konnten ... super ... das hat riesigen Spaß gemacht!!!

Fotos gibt es wie gesagt keine ... aber damit ihr wisst, warum wir so begeistert sind, haben wir eine Kiwi-Postkarte für Euch (und uns!) gekauft. ;-)


P.S.: Dieser Post bekommt noch einen Anhang, der vor allem Gisela interessieren wird, die uns Keri Hulme und ihren Booker-Preis-gekrönten Roman 'Unter dem Tagmond' als Reiseliteratur empfohlen hatte. Keri Hulme - ihreszeichens eine ziemlich exzentrische Persönlichkeit - hat viele Jahre total zurückgezogen in Okarito gelebt und u.a. ihren erfolgreichen Roman verfasst. Wir haben vergeblich versucht, ihr Haus zu finden. Wäre aber sowieso nicht erwünscht gewesen, Besucher wurden angeblich mit einem Schild "Piss off!" empfangen. Aber einen optischen Eindruck von Okarito können wir bieten ...






Donnerstag, 24. November 2016

Pounamu - das grüne Gold der Maori

Kommt man im kleinen Ort Hokitika an, ist der unwillkürliche Gedanke "Schnell wieder weg hier, was sollen wir hier?!". Zwei, drei Straßenzüge, deutlich mehr Reisebusse mit Touristen und sicherlich ein Dutzend Geschäfte, die Schmuck aus neuseeländischer Jade (vermutlich das eine oder andere made in China mit Jade aus China) feilbieten.


Aber der Ort hat etwas ganz besonderes an sich. Hier befinden sich die einzigen beiden Flüssen in ganz Neuseeland, wo sich der neuseeländische Grünstein finden lässt. 


Greenstone oder auf Maori Pounamu war und ist für Maori ein Schatz. Aus ihm wurden Waffen, Werkzeuge und vor allem wunderschöner Schmuck hergestellt. Als Reisendem in NZ begegnet einem Greenstone ständig und überall, in jedem Museum, in jedem Andenkenladen und am Hals vieler Neuseeländer und Touristen. Die alten Maori-Stücke sind wunderschön geschnitzt und wurden von Generation zu Generation weitergegeben oder zu besonderen Anlässen verschenkt. 
[Im New Plymouth-Post findet ihr übrigens ein Foto des Glücksymbols Hei-Tiki]
Unweigerlich denkt man, dass Greenstone überall in Neuseeland in Hülle und Fülle zu finden sein muss. Falsch, eben nur hier in diesen beiden Flüssen, die im Besitz eines einzigen Maori-Stammes waren und seit einiger Zeit auch wieder sind. Dementsprechend schwunghaft war seit der Besiedlung Neuseelands der Handel. Das finden wir faszinierend. 

Im Überangebot der Läden landen wir in der Werkstatt und Laden des erwähnten Maori-Stammes und eine junge Frau erzählt uns, dass ihr Vater den Pounamu-Vorrat oben im Laufe seines Lebens gesammelt hat. Es würde immer schwieriger werden, noch Stücke zu finden. 


Dementsprechend verläuft Kais Pounamu-Suche am Strand auch nicht erfolgreich ... macht nichts. Zum Abschluss unseres Besuchs in Hokitika wollen wir noch einen Schnappschuss des Arahura Rivers machen, ihr seht ihn im Hintergrund. Und wer genau hinsieht, erkennt unser Mitbringsel aus Hokitika ... dreimal dürft ihr raten, welche Farbe es hat ...





Mittwoch, 23. November 2016

Versteinerte Pfannkuchen und andere Eindrücke von der West Coast

Die Westküste der neuseeländischen Südinsel muss man sich ungefähr so vorstellen. Lang ... menschenleer ... Ozean zur Rechten, Regen-Urwald zur Linken. Dahinter die 2- und 3-Tausender der neuseeländischen Alpen, allerdings sieht man die selten, denn oft regnet es oder ist bedeckt. Das Wetter aus dem Westen bleibt einfach an den Bergen hängen. Breite, verlassene Strände, grauer Sand, tosende Wellen, die Unmengen von Holz angeschwemmt haben. Zwischendrin immer wieder Flüsse und Bäche mit kristallklarem Wasser aus den Bergen.


Verkehr gibt es nicht viel, und wenn sind es sehr oft andere Touristen, die die wunderschöne Natur betrachten. Zwischendurch fragen wir uns, ob hier überhaupt jemand leben würde und es Straßen gäbe ohne uns und die anderen Touristen. Aber da wir die Frage nicht laut stellen, kriegen wir auch keine Antwort ...

Ein besonderes Hightlight sind die Pancake Rocks, die so aussehen wie aufeinander geschichtete Pfannekuchen, die von Mäusen entdeckt und teilweise aufgegessen wurden ... in ganz groß. 


Der Geologe erklärt das so: Geschichtete Kalk- und Tonsteine wurden an die Erdoberfläche gehoben und so der Erosion durch Regen und Meeresbrandung ausgesetzt. Die Tongesteine geben in Jahrmillionen zuerst auf und es entsteht die außergewöhnliche Schichtungsoptik. 

Besonders spektakulär sind die Pancake Rocks von Punakaiki bei schlechtem Wetter. Dann stürmt es aus West und die anrollende Brandung zischt zwischen die Felsen, spritzt in riesigen Gischfontainen hoch und es entstehen Meerwasser-Geysire in den Blow-Holes. Wie schön, dass wir schlechtes Wetter haben. 



Und weil der Blowhole-Geysire uns und auch der chinesischen Reisegruppe so viel Spass gemacht hat, hier direkt in zweierlei Darstellung.